Erstmals wurde am Sonntag, den 25.08.2019 das frisch restaurierte Cavalier I der Öffentlichkeit vorgestellt. Beim traditionellen Festungsfest des Historischen Vereins Rastatt nutzen zahlreiche Besucher die Gelegenheit, sich durch das zweigeschossige Bauwerk führen zu lassen. Aber auch die Kasematten waren sehr gut besucht.
Denn während überirdisch bestes Schwimmbadwetter mit schwülwarmen Temperaturen über 30 Grad herrschte, erfreuten sich die Besucher unter der Erde Temperaturen um die 15 Grad. Nicht annährend so angenehm hatten es vor fast genau 170 Jahren wohl die über 5600 Gefangenen, die in den Kasematten monatelang ausharren musste. Irmgard Stamm las entsprechende Zeitzeugenberichte vor. „Für uns ist besonders wichtig, dass wir einen wichtigen Teil der Rastatter Geschichte am Original zeigen können“, freute sich der Vorsitzende des Historischen Vereins, Dieter Wolf. Mehrere hundert Arbeitsstunden haben die Mitglieder in den letzten Jahren investiert, um das Cavalier I wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine offizielle Eröffnung samt dann regelmäßigen Führungen ist für Beginn des kommenden Jahres geplant. Beim ersten Rundgang staunte gestern auch Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch und sprach den zahlreichen engagierten Helfern einen Dank aus: „Ohne sie hätten wir dieses Stück Rastatter Geschichte nicht erhalten können“, so der OB.
Gut angenommen wurden die Führungen durch die Gänge der Contreescarpegalerie. Hier erfuhren die Besucher viel Wissenswertes vom Leben der Menschen in Rastatt vor 170 Jahren. Denn zahlreiche Originalteile der Kasematten sind heute wieder freigelegt.
„So kann man sich vorstellen, wie es den Menschen während der badischen Revolution ergangen ist“, berichtet Dieter Wolf und erzählt vom Bau der Kasematten ab dem Jahr 1840. Bis zu 10000 Personen waren an der Erstellung beteiligt. Um das Material nach Rastatt zu bekommen, wurde eine eigene Pferdeeisenbahn vom Eichelberg eingerichtet. Die rohen Felsen wurden mit rund 300 Fuhren am Tag die 15 Kilometer lange Strecke transportiert und vor Ort dann von Steinmetzen bearbeitet. Gebaut wurde die Rastatter Festung, um sich gegen den Erzfeind Frankreich zu verteidigen. Einen entsprechenden Angriff gab es freilich nie. Auch dies ist ein Grund, warum die Anlagen heute weitgehend im Originalzustand erhalten sind.
Eröffnet wurde das diesjährige Festungsfest am Vormittag durch Mitglieder des Böllerschützenvereins Altdorf. Rund ein Dutzend Schützen hatte sich passend zum Anlass auf dem Dach des Cavaliers I positioniert und feuerte von dort verschiedene Salven an Böllerschützen ab. Vielleicht auch deshalb kamen am Mittag zahlreiche Besucher zum Fest und zeigten sich begeistert: „Das Geschichte so lebendig gezeigt wird, ist vor allem für Kinder interessant“, freute sich Miriam Unser, die mit ihrer ganzen Familie gekommen war.
Der jungen Generation sollen die Anlagen der ehemaligen Rastatter Bundesfestung auch künftig gezeigt werden. So sind sowohl in den Kasematten als auch im Cavalier I künftig Führungen für Schulklassen geplant. Zu sehen gibt es dabei nicht nur zahlreiche Schießscharten und die teilweise beklemmend engen Räumen, in denen die für die Freiheit Kämpfenden ausharrten, sondern auch weitere Geheimnisse, die selbst der Historische Verein bisher nicht kennt. Denn einige Räume und Gänge sindbisher nicht freigelegt. „Wir wissen, dass sich hinter einigen Mauern noch etwas verbirgt und sind sehr gespannt, was wir dort finden werden“,so Dieter Wolf. Vielleicht kann deshalb schon beim Festungsfest im kommenden Jahr ein weiterer wichtiger Teil der Rastatter Geschichte gezeigt werden.
Stephan Friedrich